Deutsch
English
Dutch
French
Ein schlichter, doch mit besonderer Geschichte verknüpfter Bildstock aus dem Jahr 1937. Der Schaft enthält den Mariengruß, sowie die Jahreszahl 1937. Er trägt eine Nische, die eine kleine Pietà enthält, die mittig angebracht ist. Am oberen Ende befindet sich ein Marienkopf, der durch seine meditative Ausstrahlung beeindruckt.
Die Geschichte zu diesem Bildstock hat Willi Fuhrmann in einem Beitrag für das Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 2006 erzählt. Sie ist im Anschluss angefügt.
Die Jahreszahl 1937 verweist auf eine betrübliche Zeit. Zum einen war die Herrschaft der Nationalsozialisten gefestigt und zum anderen waren Kriegszeiten absehbar. Es war schwer, als jemand, der dem herrschenden Zeitgeist nicht zustimmte, Zuversicht zu behalten. Diejenigen, die den Bildstock erschufen und hier aufstellten, haben damals jedenfalls ein starkes Zeichen gesetzt.
Der Aufstellungsort war eine kluge Wahl. Zum einen dokumentierte er die Position „am Rande“, das heißt außerhalb der herrschenden Zustände. Zum anderen war er dadurch auch ein wenig geschützt, wenn auch nur relativ. Und des Weiteren war es eine Einladung für diejenigen, die das Zeichen verstanden, eine kleine Wallfahrt zu unternehmen, das Pilgern zu einem Ort, an dem für Frieden und für ein Ende der Unterdrückung gebetet werden konnte, und vielleicht ein wenig Zuversicht aufkommen zu lassen.
Zum damals aktuellen Anlass vermerkt Willi Fuhrmann: „Vermutlich wurden die Stifter durch die am 21. März 1937 von den Kanzeln verlesene Enzyklika „Mit brennender Sorge“ von Papst Pius XI. zur Aufstellung des Bildstocks angeregt. Denn in dieser Enzyklika fand eine kritische Auseinandersetzung mit der schwierigen Situation der römisch-katholischen Kirche unter den Bedingungen des NS-Regimes statt. Verstöße gegen die Rechte der Kirche und den Glauben wurden öffentlich angeprangert“.
Quelle:
Fuhrmann, Willi (2006) Das Geheimnis eines Bildstocks in Niederzissen aus dem Jahre 1937. Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2006, S.190-191
Der Wunsch und die Sehnsucht nach Frieden werden immer dann in uns intensiver, wenn durch die Medien über Kriege und bewaffnete Konflikte verstärkt berichtet wird. So war es auch wieder während des Irak-Krieges. Die gläubigen Menschen besuchten auch hier bei uns im Brohltal die Friedensgebete in unseren Kirchen oder brachten und bringen auch jetzt noch ihren Friedenswunsch im stillen Gebet dem Herrgott dar.
Manch ein Bürger aus Niederzissen und Umgebung, der auf seinem Spaziergang oder einer Wanderung an dem Bildstock direkt am Rande des Hochwaldes („Huhbösch“) auf dem Weg in Richtung Wehr/Brenk/Steinbergerhof vorbeikommt, wird sich fragen, was dieser für eine Bedeutung hat und aus welchem Grunde er von wem errichtet wurde.
Der schlichte Stein mit der Inschrift „AVE MARIA“ und der Jahreszahl 1937 entstand aus der damaligen Friedenssehnsucht und der tiefen Religiosität dreier Freunde aus Niederzissen. Lange blieb die Herkunft dieser Stifter unbekannt, und nur wenige wissen um das Geheimnis der Errichtung des religiösen Kleindenkmals an dieser Stelle.
Magdalena Fuhrmann aus Niederzissen erinnert sich daran, dass sich ihr Vater Alfons Fuhrmann sehr darüber wunderte, als er eines Tages auf seinem Grundstück am Ende des Espelsweges diesen Bildstock vorfand. Es war wohl auch zwecklos nachzuforschen, denn 1937 herrschten in Deutschland die Nationalsozialisten, die die Religionsfreiheit eingeschränkt hatten und die möglicherweise dem oder den Erbauern dieses religiösen Zeichens Schwierigkeiten bereitet hätten.
Dann kam 1939 der Zweite Weltkrieg. Während des Krieges pilgerte, besonders im Monat Mai, regelmäßig jeden Sonntag nach der Andacht in der Pfarrkirche, eine Schar Gläubiger zu dem Kreuz, um für eine baldige Beendigung des Krieges und um Frieden zu beten.
Alfons Fuhrmann mähte dann immer ein Stück seiner angrenzenden Wiese, damit die Pilger dort kniend zur Muttergottes beten konnten, denn inzwischen hatte man in der Nische des Bildstocks eine Marienfigur aufgestellt.
Vierzehn Jahre nach Ende des Krieges, im Jahre 1959, die drei Freunde waren längst tot, wurde Alfons Fuhrmann an das Krankenbett von Katharina André gerufen. Sie erzählte ihm, dass ihr Mann Michael André, der Steinmetz Heinrich Bremm und der Stellmacher Reinhard Fuhrmann, ein Bruder von Alfons, den Bildstock am „Huhbösch“ hergestellt und errichtet hatten. Sie wollten damit ein Zeichen setzen gegen den Nationalsozialismus und gegen die Unterdrückung der Christen.
Im Jahre 1937 konnten die Drei noch nicht das ganze Ausmaß des verbrecherischen NS-Regimes ahnen. Sie freuten sich aber, dass ihre Mitchristen später zu dem Bildstock gingen, um für den Frieden zu beten.
Von den drei Freunden gab nur Michael André das Geheimnis an seine Frau weiter, die es auf dem Sterbebett dem Grundstückseigentümer Alfons Fuhrmann offenbarte. Dieser teilte es seinen Kindern mit, damit diese es nachfolgenden Generationen weitergeben sollten, wie es zur Errichtung des Bildstocks kam.
Nicht klar war allerdings, warum gerade 1937 dieser Bildstock aufgestellt wurde. Vermutlich wurden die Stifter durch die am 21. März 1937 von den Kanzeln verlesene Enzyklika „Mit brennender Sorge“ von Papst Pius XI. zur Aufstellung des Bildstocks angeregt. Denn in dieser Enzyklika fand eine kritische Auseinandersetzung mit der schwierigen Situation der römisch-katholischen Kirche unter den Bedingungen des NS-Regimes statt. Verstöße gegen die Rechte der Kirche und den Glauben wurden öffentlich angeprangert. Die Schaffung des Bildstocks in Niederzissen war vielleicht die mutige Reaktion von Heinrich Bremm, Michael André und Reinhard Fuhrmann darauf.
Der Bildstock überstand die Kriegswirren und auch eine unbeabsichtigte Beschädigung durch einen Traktor, ebenso wie eine Flurbereinigung in den 80iger Jahren. Er ist auch heute noch Ziel gläubiger Menschen, die oft frische Blumen dort hin bringen und ein Gebet sprechen.
Spaziergänger und Wanderer ziehen den Hut oder bekreuzigen sich zum Gruß, wenn sie den schlichten Stein und die Muttergottes passieren, einige halten auch für einen Moment inne zu einem kurzen Friedensgebet.