1250 Weihe der Kirche nach Erweiterung eines älteren Vorgängerbaus, der bereits 1150 dort gestanden hat. Kirchenbauten können als „frühe Stätten der Ortsbesiedelung“ angesehen werden (Lerch). Eine Kirche dokumentierte das Entstehen eines religiös und herrschaftlich geprägten Lebensraums. So hatte die Herrschaft Olbrück die Befugnis, Kirchenämter für die Pfarrei Niederzissen zu verleihen (Kollationsrecht; für Niederzissen dokumentiert seit 1307 und bis zum Ende des 18. Jh. so verblieben; Clemen 1938, II, S.439). Clemen geht davon aus, dass eine erste Kirche in Niederzissen „spätestens im 12. Jh. entstanden“ ist. „Von einem Bau aus der Mitte des 12. Jh. sind die drei untersten Geschosse des Turmes und der östliche, halbrund schließende Bogen des südlichen Seitenschiffs mit anschließendem Mauerwerk erhalten“ (ebd., S.439).
Die Erweiterung entstand im baulichen Übergangsstil von der Romanik zur Gotik


Blick aus Richtung Oberdorfstraße:


In der Kirche ein romanisches Taufbecken aus Basaltlava (Ende 11. Jahrhundert, „1 m hoch und 87 cm im Durchmesser (…); pokalförmig, mit sechsseitigem Rand, darunter ein herum-laufender Akanthusfries“ (Clemen 1938, S.444). Die Säulen und der Sockel stammen aus neuerer Zeit (Foto rechts: Wikipedia)
Kirchenpatron ist der hl. Germanus, geboren um 378 in Auxerre, gestorben in Ravenna am 31. Juli 448 (andere Quellen: 437 oder 450), seit 418 Bischof in Auxerre; u.a. Lehrer des hl. Patrick
Die älteste der 3 Glocken (Christkönigsglocke) aus dem Jahr 1337, die beiden anderen 1462 (Marien) und 1728 (St. Sebastianus)
Mehrfach umfangreiche Renovierung- und Instandsetzungsarbeiten an der Kirche (1832, 1839, 1906/07, 2007
1862 wird der Kirchturm erhöht und erhält ein Rhombendach und Giebel,
1933 Restauration des Turms, 2007 umfangreiche Instandsetzung
Bis 1863 befand sich neben der Kirche der alte Friedhof (Kirchhof).
An der Stelle des alten Kirchhofs entstand von 1966-1968 der Erweiterungsbau nach den Plänen von Baurat Otto Vogel. Es entstand eine stimmige Verbindung von alter und neuer Kirche und somit eine Traditionslinie von Romanik über Gotik bis zum modernen zeltförmigen Anbau.


An der Ostseite der Kirche befindet sich ein Tuff-Relief des hl. Germanus. Die 1,65 hohe Skulptur ist eine Arbeit des kürzlich verstorbenen Bildhauers Hans Gerhard Biermann (https://khv-niederzissen.de/germanus-relief/). Sie ist aus Ettringer Kerntuff gehauen und wurde im Oktober 2011 eingesegnet.
Biermann schuf auch den Altar im neuen Kirchenraum.
Die Kirche ist durch die Haager Konvention vor bewaffneten Konflikten geschützt. Dies wird durch das Rautenkennzeichen deutlich gemacht.
Im Untergeschoss der neuen Kirche befindet sich die Pfarrbücherei (siehe Wagner, 2018)
Eine Fotogalerie mit Motiven aus dem Innenraum findet sich unter aw-wiki.de: https://www.aw-wiki.de/index.php/Katholische_Pfarrkirche_%E2%80%9ESt._Germanus%E2%80%9C_Niederzissen
Quellen:
Bürger, Odo (1992) Chronik Niederzissen. Geschichtliches der Brohltal-Gemeinde in Wort und Bild. Niederzissen: Gemeinde Niederzissen (Herausgeberin)
Clemen, Paul (1938/ Nachdruck 1984) Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Band 17, I. Abt (= Joachim Gerhardt, Heinrich Neu, Edmund Renard & Albert Verbeeck Bearbeiter): Die Kunstdenkmäler des Kreises Ahrweiler; 2 Halbbände). Düsseldorf Verlag L. Schwann, Bd. II, S.437-446
Dietz, Wolfgang (2000) Zur Geschichte der Pfarrei und Pfarrkirche „St. Germanus“ Niederzissen. Festschrift aus Anlass der 750. Wiederkehr der Kirchweihe im Jahr 1250. Niederzissen: Katholische Kirchengemeinde St. Germanus (Herausgeberin), S. 385-417
Lehfeldt, Paul (1886) Die Bau- und Kunstdenkmäler der Rheinprovinz (Band 1): Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Coblenz — Düsseldorf / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.26048#0001 (https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bkrp_bd1/0085/scroll )
Lerch, Harry (1968) Kunstdenkmäler des Kreises Ahrweiler. In: Kurt Broicher et al. (Hrsg.) Heimatchronik des Kreises Ahrweiler. Köln: Archiv für deutsche Heimatpflege, S.207-229
Levison, Wilhelm (1904) Bischof Germanus von Auxerre und die Quellen zu seiner Geschichte. In: Neues Archiv der Gesellschaft für Ältere Deutsche Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesamtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters 29: 95ff.; Online, Internet: https://www.digizeitschriften.de/id/345858530_0029|log11?tify=%7B%22pages%22%3A%5B103%5D%2C%22view%22%3A%22info%22%7D
Müller, Walter (2013) Kirchen, Kapellen, Kreuze in der Verbandsgemeinde Brohltal und Nachbarorten (hrgg. Von der Verbandsgemeinde Brohltal). Neuwied: Görres Verlag, S.186-203
Rheinisches Bildarchiv Köln: Vogel, Otto (1966) Katholische Pfarrkirche Sankt Germanus Niederzissen, 1250 & 1966/1968 (RBA 037 278). Online, Internet: https://www.kulturelles-erbe-koeln.de/documents/obj/20599863
Schnitker, Friedhelm (1970) Das Germanuspatrozinium in Niederzissen – Versuch einer Deutung. Beitrag zur Pfarrgeschichte Niederzissens. Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1970, S.43ff.,
Wagner, Anne (2018) Über 150 Jahre Büchereiarbeit für Niederzissen und Umgebung – Katholische Öffentliche Bücherei seit 1863. Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2018, S. 161ff
Wikipedia-Eintrag: https://de.wikipedia.org/wiki/St._Germanus_(Niederzissen)
Wikipedia-Eintrag: https://de.wikipedia.org/wiki/Taufstein_von_Niederzissen
Wikipedia-Eintrag: https://de.wikipedia.org/wiki/Kollationsrecht